Machen sie sich bitte klar, dass der Kunstbegriff einem dauerhaften Wandel und einer ständigen Neudefinition unterworfen ist. Außerdem ist das Betriebssystem Kunst nach Niklas Luhmann in sich geschlossen und erneuert sich selbstreferenziell. Daher wird dann die Epoche, in der sich auf Warhol berufenden Kunstspekulanten und Kunstbroker befinden, in absehbarer Zeit dem Zustand der kritischen Masse zuzurechnen sein. Hierdurch wird immer öfter die Frage nach dem Sinn von Kunst gestellt, die einhergehend mit dem Blick auf die Vorteile des Humanismus in seinem Bildungsauftrag eher auf den gesellschaftlichen Auftrag, losgelöst von Modellen des sozialen Miteinanders abzielt. Beispiel hierfür kann folgende auf Nietzsche beruhende Überlegung sein.
Wenn Nietzsche feststellt, dass der Vorteil der Kunst gegenüber der Religion ist, dass sie Illusionen erzeugt, ohne einen Anspruch auf Realität zu haben, muss man eigentlich hinzufügen: Der Vorteil der Kunst gegenüber der Wissenschaft ist es, dass sie Illusionen verbreitet und nicht angenommene Realitäten zur Wahrheit erklärt. Denn so ist sie bereit, die Wahrheit des Einzelnen zuzulassen.
Damit wird allerdings auch jegliche geisteswissenschaftliche Betrachtung von Kunst infrage gestellt, da gerade diese von feststehenden Wahrheiten im Bezug auf ein Kunstgegenstand ausgehen. Ein „nachhaltiger“ Artefakt wird eher ein zum eigenverantwortlichen Denken anregendes Dokument eines nicht klar definierten Denkprozesses ist. Mit anderen Worten, das, was allgemein als Kunst bezeichnet wird, stellt Fragen und gibt keine Antworten. Daher ist als ein wesentlicher Sinn von Kunst das Auslösen von Evolutionen und manchmal vielleicht auch Revolutionen zu sehen.
Ich wünsche allen ein gedankenvolles Wochenende.